Sonntag, 10. Februar 2008

Grüße aus Gondwanaland

Eigentlich wollten wir (mein erstes gehostetes MEETin-Event) heute den Mount Victoria besteigen, um den vielgepriesenen Blick über die Wellington und die Bay zu genießen. Allein - Petrus hat uns einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht und diesen Tag mit dem einmaligen Wellington-Sprühregen versehen, welcher sich besonders dadurch auszeichnet, dass er von allen Seiten gleichzeitig kommt. Man sieht hier übrigens bei Regen seltenst Leute mit Schirm, was zwei offensichtliche Gründe hat. Erstens helfen Schirme hauptsächlich gegen Regen von oben, der hier - wie gesagt - eher selten ist. Zweitens müsste ein Schirm für den Einsatz in Wellington vermutlich schon Titan-Verstrebungen haben, um nicht innert zwei Minuten durch Windeinwirkung nur noch ein verbogenes Häufchen Schrott zu sein.
Als Alternativprogramm war dann stattdessen schnell ein Besuch im Te Papa anberaumt. Das gigantische neuseeländische Nationalmuseum besticht - neben seiner Größe und Vielfalt - vor allem durch die Tatsache, dass der Eintritt frei ist. Man kann sich die wissenschaftliche und kulturelle Dröhnung in gemäßigten Dosen abholen, wann immer einem danach ist. Ist das nicht klasse? Heute haben wir uns den Teil "Awesome Forces" angesehen, welcher sich hauptsächlich mit den geologischen und meteorologischen Phänomenen in und um Neuseeland beschäftigt. Nice to know: ich sitze hier nicht nur genau auf einer Erdbeben-Spalte, sondern auch noch auf einer der weltweit aktivsten überhaupt. Messbare seismische Aktivität ist hier quasi ein Dauerzustand, weshalb beispielsweise die Fundamente des Te Papa auch komplett auf gigantischen Gummipuffern stehen. Wer's nicht glaubt, kann sich auf der Website des GNS selbst überzeugen: hier kann man das jeweils letzte Erdbeben, die vollständige Liste aller Beben, sowie die aktuellen Aufzeichnungen der regionalen Seismographen live einsehen.
Was haben wir noch gelernt: Neuseeland stammt vom urzeitlichen Superkontinent Gondwanaland ab, welcher einst grob gesagt alle späteren Kontinente der südlichen Hemisphäre beinhaltet hat. Als sich Neuseeland dann endgültig vom heutigen Australien löste, schlug die Evolution auf den isolierten Inseln ihren ganz eigenen (und natürlich ganz bestimmt den - im Vergleich mit Australien - überlegenen) Weg ein. Mit der Besiedelung durch die Europäer seit dem 18. Jhd, aber auch zuvor schon mit den Maori, kamen dann dummerweise einige Spezies nach Neuseeland, denen die hochangepasste heimische Flora und Fauna nicht viel entgegenzusetzen hatte, was dazu führte, dass viele der einzigartigen Lebewesen, wie zum Beispiel der bemerkenswerte Huia, mittlerweile auch schon wieder ausgestorben sind. Heute begegnet man dem Problem hauptsächlich durch Umsiedelung bedrohter Tierarten auf vorgelagerte Inseln, zu denen Katzen, Ratten, Possums und Co. bislang noch nicht vorgedrungen sind. Wo wir gerade bei den Possums sind: im Englischen werden als "Possum" alle möglichen Beutelsäuger (aber nicht das Oppossum) bezeichnet, welche sonst vor allem in Australien vorkommen. Diese possierlichen Tierchen, welche ebenda sogar unter Naturschutz stehen, sind - einst des schönen Pelzes wegen eingeführt - heute in Neuseeland eine wahre Plage und tragen durch Nestraub, Rindenfraß und Jungtierverzehr einen beträchtlichen Teil zum Niedergang der heimischen Arten bei. Deshalb sind sie quasi vogelfrei und, weil sie so verhasst sind, ist es ein beliebter Zeitvertreib, sie zu schießen, erschlagen (!) oder zu überfahren.
Ein wesentlich beliebteres und natürlich auch vom Aussterben bedrohtes Tierchen, welches man hier aber tatsächlich noch vorfindet, ist hingegen der Tuatara, eine Echse, deren Faszination besonders darin besteht, dass sie sich seit Jahrtausenden in Sachen Evolution nicht nennenswert weiterentwickelt hat. Einige davon nennen sogar das hiesige Institut für Biologie ihr Zuhause - ich habe ihnen auch gleich einen Besuch abgestattet, um Euch ein Photo mitzubringen...
Ach ja - dann gabs da noch den Umzug zum chinesischen Neujahrsfest, mit dem hier heute das Jahr der Ratte eingeläutet wurde. Es gab beeindruckende Drachen, Tanzdarbietungen von putzigen Vorschulkindern, martialischen Mönchen und diversen Kulturvereinen, sowie einen asiatischen Markt. Natürlich gibt es davon auch wieder einmal ein paar Photos.
Heute abend war ich wieder mal bei Jaya und Chalani zum Dinner eingeladen, es muss sich also auch für die nächste Woche niemand Sorgen machen, dass ich hier verhungern könnte. ;-)

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